Winterurlaub ohne Ski? – Ja, das gibt es und es kann sogar richtig Spaß machen. Ich glaube, ich bin nicht die Erste, die sich danach sehnt, von den überfüllten Pisten wegzukommen. Mir geht es vor allem darum, in der Natur zu sein und nachhaltig Urlaub zu machen. Skitouren sind eine Option, aber es soll Leute geben, die gar nicht Skifahren wollen. Daher haben wir gemeinsam mit dem Stubaier Tourismusverband und den Bergführern von Stubai Alpin nachgedacht und vier Freizeitaktivitäten ausprobiert, die ohne Ski oder Snowboard auskommen – alles anfängertauglich.
Idee Nr. 1: Rodeln
Zwölf Rodelbahnen mit einer Gesamtlänge von 43 Kilometern machen die Rodelarena Stubai zur größten in ganz Tirol. Die urigen Holzrodel kann man in Sportshops in Neustift, Fulpmes und Mieders ausleihen, bei den Bergbahnen Schlick 2000, Elferlifte und Serlesbahnen oder direkt bei Hütten am Start von Rodelbahnen.
Früher waren die Rodel ein praktisches Transportmittel in der Landwirtschaft, Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das Rennrodeln zu einer beliebten Sportart. Daher können die Old-School-Schlitten richtig Tempo machen – je nach Bremsverhalten des Fahrers.
Nachteulen können das Rodeln mit einer Skishow kombinieren, etwa mit der Night of Colours im Skigebiet Schlick 2000. Man leiht sich den Rodel an der Liftstation aus, fährt mit der Gondel hoch, schlappert ein Bierchen oder einen Glühwein und lässt sich beeindrucken von den Fahrkünsten der heimischen Ski- und Snowboardlehrer.
Das Nachtrodeln zurück ins Stubaital sorgt für Adrenalin, nicht nur weil die halbdunkle Piste ein bisschen gruselig ist, sondern auch, weil auf der Schlittenautobahn Kollisionsgefahr herrscht.
Übrigens sind auch regulär vier Strecken im Stubai nachts beleuchtet und die Hütten an den Bergstationen geöffnet. Weitere Infos gibt es auf der Website des Tourismusverbands.
Wer es lieber ruhiger und heller mag, der sollte vom Elferlift aus ins benachbarte Pinnistal hinunterdüsen. Das morgentliche Rodelvergnügen lässt sich dort richtig gut mit einer Schneeschuhwanderung verbinden.
Idee Nr. 2: Schneeschuhwandern
Schneeschuhwandern, ist das nicht langweilig? – Nein, ganz und gar nicht. Ähnlich wie beim Tourengehen ist man mitten in der Natur und weit ab von überfüllten Pisten. Schneeschuhe eignen sich für flachere, weniger anstrengende Touren. Man hat also genug Zeit, sich mal wirklich umzuschauen. Geradezu ideal ist das Pinnistal für naturkundlich geführte Wanderungen. Die Biologin und Schutzgebietsbetreuerin Kathrin Herzer liefert dabei interessante Fakten und Hintergründe zur lokalen Flora, Fauna und Geologie. Während man unterhalb des beeindruckenden Serleskamms entlang stapft, erfährt man, was Tierspuren alles verraten, warum gerade Raufußhühner im Winter eine harte Zeit durchmachen und wie gemein Murmeltiere zueinander sind, nur um das Kollektiv zu schützen. Weitere Infos zu dieser Tour und zu nachhaltigem Wintertourismus gibt es im Bergzeit Magazin Schutzzonen im Winter – worauf man achten sollte. Naturkundlich geführte Wanderungen kann man buchen über das Begführerbüro Stubai Alpin.
Idee Nr. 3: Paragliding
Michael Müller stammt aus einer Bergführerfamilie, bereits als Kind war er viel im Gebirge unterwegs. Müller berichtet: „Ich fand das Hochklettern immer wunderbar, aber der Abstieg war nicht schön.“ Daher habe er über Alternativen nachgedacht und so wurde für ihn das Fliegen interessant.
Schon im Alter von 15 Jahren hat er mit dem Drachenfliegen begonnen. „1986 gab es die ersten Gleitschirme. Da sind wir immer mit den Skiern vom Elferlift aus losgeflogen“, erinnert sich Müller. Im Gleitschirmsport seien 1987 bis 1992 viele Hersteller aufgetaucht, die ihre Schirme auf Leistung trimmten. Müller zufolge hat dieser Trend nun ein Plateau erreicht. Derzeit setzen die Hersteller auf geringes Gewicht und Sicherheit. Müller sagt: „Es geht zurück zum ursprünglichen Gedanken Hike&Fly. In letzter Zeit sind die Leute wieder sportlicher orientiert.“
Michael Müller hat sich mit 19 Jahren ganz und gar dem Fliegen gewidmet. Er ist staatlich geprüfter Fluglehrer und macht seit 1989 regelmäßig Tandemflüge mit Gleitschirm und Drachen. Infos zum Angebot gibt es auf seiner Website Flytogether.
Man kann also sagen, wir waren in guten Händen bei unserem ersten winterlichen Gleitschirmflug. Um alles zu dokumentieren hatten unsere Piloten GoPros am Helm. Für einen geringen Aufpreis bekommt man die Speicherkarte mit den Filmen und Fotos gleich mit – Material, das man sich immer wieder gerne anschaut.
Paragliding im Winter ist anders als im Sommer, allein schon wegen der Aussicht. Die schneebedeckte Landschaft sorgt für einmalige Bilder. Auch in Sachen Thermik gibt es Unterschiede. Sie ist der entscheidende Faktor fürs Gleitschirmfliegen, aber am Schnee selbst kann sich die Luft nicht erwärmen. Daher kommt es auf unbeschneite Oberflächen an, wie etwa Bäume. Zudem ist die Thermik abhängig vom Stand der Sonne: Sie muss am betreffenden Hang im rechten Winkel einstrahlen.
Das Gletschergelände wäre zu flach zum Fliegen. Daher starten die Tandemflüge an den Bergstationen von Elferbahnen oder Schlick2000. Die Höhendifferenz für den Flug beträgt auch dort mehr als 1000 Meter. An sonnigen Tagen finden die Tandemflüge Rücken an Rücken statt, also zu jeder vollen Stunde. Der Flug selbst dauert etwa 20 Minuten je nach Bedingungen. Inklusive Liftfahrt sollte man also eine Stunde für den Gleitschirmflug einplanen. Superhöhenflüge dauern länger, sie sind ebenfalls Teil des Angebots von Flytogether.
Da die Flüge stark vom Wetter abhängen, sollte man am besten vorher bei Michael Müller anfragen und einen möglichen Zeitraum nennen. „Einen Termin lange im Voraus zu vereinbaren, macht keinen Sinn“, sagt er, man müsse spontan sein. Meist könne man erst am Vortag Genaues sagen.
Auf Wehwehchen, kaputte Sprunggelenke oder andere gesundheitliche Mängel sollte man den Piloten hinweisen, ein K.o.-Kriterium sind solche Kleinigkeiten nicht. Müller sagt: „Mitfliegen kann fast jeder.“ Er habe auch schon Flüge gemacht mit gehbehinderten Menschen. Ein Gewicht bis 130 Kilo ist in Ordnung, Vorbildung ist nicht nötig, denn alles Notwendige sagt der Tandempilot vor Ort.
Auf die richtige Kleidung kommt es an, denn in luftiger Höhe hat es manchmal minus 20 Grad Celsius. Das bedeutet: Warm anziehen mit Skihose, festen Schuhen, Mütze, Handschuhen und – ganz wichtig – Sonnenbrille.
Idee Nr. 4: Eisklettern
Wem das Paragliding noch nicht aufregend genug ist, der kann sich beim Eisklettern versuchen. Gerade im Stubaital gibt es relativ viele Wasserfälle – etwa 20 werden regelmäßig begangen. Sie tragen Namen wie “Grawa-Eisgärten” oder “Schneewittchen”. Im benachbarten Pinnistal heißen sie “Vorhang”, “Eiszeit” oder “Männer ohne Nerven”.
Mit professioneller Begleitung ist für einen Anfänger wie mich auch ein gefrorener Wasserfall machbar. „Sportlich sein hilft“, sagt Bergführer und Eiskletterexperte Marco Span. Damit meint er vor allem das Klettern am Fels, aber auch andere Ausdauer- und Kraftsportarten. Meiner Meinung nach sind die Nerven das Wichtigste, denn Höhenangst wäre fatal. Man muss vertrauen können – dem Eis, dem Equipment und dem Bergführer. Nähere Infos zur Tour und viele Tipps zum Eisklettern für Anfänger gibt es im Bergzeit Magazin Eisklettern – Eine Frage des Vertrauens. Geführte Touren und Einsteigertraining kann man zum Beispiel buchen beim Bergführerbüro Stubai Alpin. Dort gibt es auch Auskünfte zu den aktuellen Eisverhältnissen.
Bevor man sich an einen gefrorenen Wasserfall wagt, sollte man das Steigen mit Pickeln und Steigeisen üben. Am besten eignet sich dazu der Eisturm am Stubaier Gletscher gleich neben der Liftstation Gamsgarten. Der 17 Meter hohe Turm ist vor alpinen Gefahren sicher und bietet angenehme Toprope-Trainingsverhältnisse mit fachkundiger Anleitung. Einsteigerkurse finden nach Vereinbarung statt. Jeden Freitag von Dezember bis Februar gibt es dort ab 13.00 Uhr für 10 Euro ein Schnuppertraining. Dafür ist keine Voranmeldung nötig, Ski- oder Snowboardschuhe reichen aus.
Zuguterletzt ein großes Dankeschön an meine Reiseassistentin Melli, geduldiges Fotomodell und Fundbüro sämtlicher von mir verschlampter Gegenstände. Merci auch an die Bergführer von Stubai Alpin und den Tourenveranstalter, dem Tourismusverband Stubai Tirol. Dabei nicht zu vergessen unsere Gastgeber vom Wiesenhof, dem sympathischen Mutter-Tochter-Betrieb in Mieders. Senior-Chefin Janine Kaier ist seit 40 Jahren in der Gastronomie tätig und lässt es sich nicht nehmen, allabendlich die Kochschürze anzulegen. Dann gibt es ausgefallene Gerichte wie zum Beispiel Fisch im Bananenblatt, ein Ayurveda-Rezept aus Sri Lanka. Zum Frühstück kann man selbst gemachte Marmeladen genießen aus ungewöhnlichen Fruchtmischungen wie etwa Kiwi-Mango.
In den Räumen finden sich viele Tiermotive. Janine Kaier sagt: „Das passt gut zu uns. Wir sind ein naturverbundes, tierfreundliches Haus.“ Hunde dürfen für einen kleinen Aufpreis mitgebracht werden. Das Empfangskommitee steht schon bereit, denn im Eingangsbereich räkelt sich ab und zu eine freundliche Labradorhündin namens Nala. Sie gehört der Junior-Chefin Jennifer Kaier, siehe Foto unten.
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