Überwachung mit Hilfe von Satelliten und Drohnen kennt man vor allem aus dem militärischen Bereich. Auch Naturschützer haben sich die modernen Technologien zunutze gemacht. Wie das gelingt, zeigen die folgenden drei Beispiele.
GPS/Satelliten-Telemetrie
Wissenschaftler Koustubh Sharma schaltet in seinem Büro den Computer an. Er loggt sich mit einem Passwort in den Satellitenserver ein und beginnt mit dem Herunterladen der Datensätze. Sie stammen aus der in der südlichen Gobi-Region der Mongolei, von einer Schneeleopardin namens Zaraa. Wochen zuvor hatten Koustubh und sein Kollege, Orjan Johansson, das junge Weibchen betäubt und ihm ein besonderes Halsband angelegt.
Schneeleopard mit GPS-Halsband in der südlichen Gobi-Region der Mongolei.
Foto: Snow Leopard Trust
In Zaraas Hightech-Halsband befinden sich unter anderem ein GPS-Empfänger und ein Satellitensender. Für eine Dauer von anderthalb Jahren zeichnet der Empfänger regelmäßig Zaraas Aufenthaltsort auf. Die Koordinaten dazu übermitteln die Navigationssatelliten des Global Positioning Systems (GPS). Das ist dieselbe Technologie, die uns beim Autofahren oder beim Wandern unterstützt.
Alle fünf Stunden schickt der Sender das gespeicherte Datenpaket an ein anderes System aus Kommunikationssatelliten, das die Information auf einen Server überträgt. Dieser verteilt die Daten via E-Mail an die Wissenschaftler. Dieses Konzept nennt man GPS/Satelliten-Telemetrie. Wenn die Batterie von Zaraas Halsband schwach wird, fällt es von alleine ab. Es kann von den Wissenschaftlern geborgen und wiederverwendet werden. Das ist wichtig, bei einem Stückpreis um die 4500 US Dollar.
Der Forscher Orjan Johansson überwacht die Lebenszeichen eines Schneeleoparden, den er eben betäubt hat. Gleich wird er ihm ein GPS-Halsband anlegen. Foto: Snow Leopard Trust
Koustubh wertet Zaraas Daten aus, indem er sie auf die elektronische Landkarte von Google Earth überträgt. Als Resultat kann er die Bewegungen der Großkatze als Punkte auf der Karte nachvollziehen. Normalerweise bleibt Zaraa in ihrem Territorium, versteckt sich tagsüber im Hochgebirge und geht in der Dämmerung auf Beutestreifzug. Heute zeigen die Punkte allerdings ein anderes Muster. Den GPS-Koordinaten zufolge hat Zaraa ihre Heimat, das Tost-Tosonbumba Gebirge verlassen. Sie ist über 80 Kilometer durch die offene Steppe gewandert und hat sich in einer anderen Gebirgsregion niedergelassen.
Wie viele andere Großkatzen sind auch Schneeleoparden vom Aussterben bedroht. Schuld daran ist die illegale Jagd und die Zerstörung der Lebensräume durch den Menschen. Die internationale Organisation Snow Leopard Trust, für die Koustubh arbeitet, setzt sich für den Schutz des seltenen Tieres ein. Die Wissenschaftler haben bisher Bewegungsdaten von insgesamt 19 Schneeleoparden gesammelt. „Wir dachten, dass die Bergketten in der Süd-Gobi Habitatinseln seien, getrennt durch Steppe und Grasland. Jetzt wissen wir, dass wir auch die natürlichen Verbindungskorridore erhalten müssen“, sagt Koustubh.
Fernerkundung mit Satelliten
Tausende Kilometer entfernt schaut auch die Wissenschaftlerin Aurelie Shapiro auf einen Bildschirm. Sie ist Fernerkundungsspezialistin beim World Wide Fund for Nature (WWF) in Berlin. Auf ihrem Monitor sind Satellitenbilder zu sehen. Sie zeigen geschützte Regionen zum Beispiel im Kongo, am Amazonas oder in Indonesien. Die Bilder stammen von einem der vielen Erdbeobachtungssatelliten, die in der Umlaufbahn kreisen. Sie wurden von Agenturen wie US Geological Survey, NASA oder ESA kostenlos zur Verfügung gestellt. „Meistens deckt das die, für uns interessanten Bereiche, ganz gut ab, aber beispielsweise für den Kongo sind nicht immer genügend Aufnahmen vorhanden. Dann müssen wir Bilder kaufen. Bis zu 12 US Dollar kostet das pro Quadratkilometer“, sagt Aurelie.
Screenshot von Aurelies Artikel im WWF-Magazin 01/2013. Hier der Link zum PDF.
Auf den Bildern sucht die Geografin nach Veränderungen. Mit Hilfe von Computerprogrammen zur Bildauswertung vergleicht sie aktuelle Aufnahmen mit Früheren. „Wenn etwa zu viel Grün verschwunden ist, kann das auf illegalen Ackerbau oder Abholzung hinweisen“, sagt Aurelie. Dann informiert sie die lokale WWF-Filiale oder die örtlichen Behörden und gibt die GPS-Koordinaten der abgeholzten Stelle durch, damit sie sich persönlich ein Bild von der Lage machen.
Im Jahr 2011 entdeckten sie und ihre Mitarbeiter ein großes, abgeholztes Viereck in einem Nationalpark auf Sri Lanka. Es stellte sich heraus, dass ein internationales Unternehmen dort eine, mehr als 2000 Hektar große, Bananenplantage anlegen wollte. Mithilfe der Satellitenbilder konnten die Naturschützer vor Gericht erwirken, dass die Firma ihr Vorhaben aufgeben musste.
Drohnen (Unbemannte Luftfahrzeuge)
Auf der indonesischen Insel Sumatra hat es sich ein Forscherteam auf einer Wiese bequem gemacht. Lian Pin Koh von der ETH Zürich und seine Mitarbeiter von Conservationdrones.org warten auf die Rückkehr einer Drohne. Sie haben das unbemannte Luftfahrzeug (engl. Unmanned Aerial Vehicle, kurz UAV) vor einer halben Stunde losgeschickt. Eine darauf installierte Kamera soll hoch aufgelöste Aufnahmen machen vom Kronendach des Regenwalds.
Die Drohnen sind einfache Modellflugzeuge, ausgestattet mit Autopiloten. Daher auch das Motto: Now Everyone Can Drone! Fotos: conservationdrones.org
Die Wissenschaftler möchten wissen, wo sich die selten gewordenen Sumatra-Orang-Utans aufhalten und wie viele es davon noch gibt. Die Abholzung des Regenwalds für Ölpalmen-Plantagen und die Wilderei haben dazu geführt, dass die Menschenaffen vom Aussterben bedroht sind. Mit der systematischen Beobachtung der heimischen Tierarten möchte man herausfinden, welche Bereiche des übrigen Waldes besonders geschützt werden müssen.
Wie alle Menschenaffen bauen Orang-Utans jede Nacht ein Schlafnest aus Ästen und Blättern. Anhand der leicht zu erkennenden Nester kann man die Anzahl der Tiere schätzen. Für die Zählungen ziehen die Wissenschaftler normalerweise mit dem Fernglas los und suchen die Baumkronen von unten ab. Eine Fläche von 1000 Hektar zu kontrollieren dauert normalerweise zwei Wochen. Mit den Drohnen braucht man nur einen Tag.
Die Drohnen fliegen autonom. Lian und sein Team basteln sie, indem sie einfache Modellflugzeuge mit elektronischen Autopiloten ausstatten. Über einen GPS-Empfänger steuert dieser Autopilot das Flugzeug, er startet und landet es sogar. Mit einer kostenlosen Open-Source-Software können die Wissenschaftler im Voraus festlegen, welche Strecke die Drohne abfliegen soll. Der Kostenpunkt einer selbst gebastelten Drohne inklusive Foto- oder Videokamera beläuft sich auf 1500 US Dollar. „Wir verwenden bewusst einfache und kostengünstige Teile, sodass sie für Forscher in Entwicklungsländern erschwinglich sind. Nicht-technische Anwender sollen sie schnell im Feld reparieren können“, sagt Lian.
oben: Orang-Utan-Nest auf Sumatra, unten: Nashörner beim Baden in Nepal
Fotos: conservationdrones.org
Die simple Technologie bewährt sich. Laut Lian, kommen 95 Prozent der Drohnen wie geplant von ihrer Mission zurück. Auch heute auf Sumatra hören die Forscher bald das Surren in der Luft und gleich darauf landet das Flugzeug vor ihren Füßen. Sie nehmen die Chipkarte aus der Kamera und laden die Fotos auf den Computer. Ein spezielles Programm wertet die 500 bis 1000 Bilder aus, die eine Drohne pro Flug macht, und teilt den Forschern die Anzahl der Orang-Utan-Nester mit.
In anderen Ländern, wie Nepal, werden die Drohnen derzeit auch zur Überwachung von Nationalparks eingesetzt. Sie fliegen regelmäßig dieselben Strecken ab und eine installierte Videokamera filmt die Umgebung. Nach dem Flug können sich die Parkranger das Video ansehen und, falls sie Eindringlinge entdecken, diesen Bereich gezielt aufsuchen. „Vor allem in großräumigen Gebieten erleichtert das die Arbeit der Ranger und potenzielle Wilderer werden abgeschreckt durch das Auge am Himmel“, sagt Lian.
In diesem Video erklärt Lian die Arbeit von Conservationdrones.org:
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