„DU hast einen Schoggi-Job erwischt“, sagt mein Chef, als wir uns beim Mittagessen über den allgemeinen Trend zu Sommerjobs in den Bergen unterhalten. Mit Schoggi meint der Schweizer Schokolade und in diesem Zusammenhang meint mein Chef, dass ich mit meiner Stelle einen wahren Glücksgriff getan habe. Allerdings tue ich so, als würde ich es nicht verstehen und frage, ob das wohl mit der Farbe des Kuhmists zu tun habe.

Eigentlich hat er schon recht. Der Sommerjob auf dem Schweizer Bergbauernhof ist zwar nicht gerade Urlaub, aber ich hätte es auch schlimmer erwischen können. Der bürogewöhnte Aussteiger, der sich das Leben auf der Alm (Schweiz: Alp) so romantisch vorstellt, wird oft vor schmerzhafte Realitäten gestellt: 12 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, jeden Tag die gleichen Arbeiten (z.B. Misten, Melken, Käsen, Holz-Hacken, Hütte-Putzen, stundenlang die Hochgebirgskühe suchen). Muskelkater Hilfsausdruck.

Im Fall von Almen mit Gastronomiebetrieb kommen zusätzlich zu den Vier-beinigen auch noch zwei-beinige „Rindviecher“ dazu. Da sieht so mancher das Wanderer-Dasein mit anderen Augen. Du stehst noch bis zu den Knöcheln im Kuhmist und da kommen schon die ersten heiteren Urlauber und verlangen frische Buttermilch.  Mein Tipp: Bei der Almsuche Entfernung zur nächsten Gondelstation berücksichtigen.

Auf der positiven Seite, die frische Luft ist genau das, was im Büro gefehlt hat und man spart sich langweiliges Fitnessstudio. Es gibt Leute, die würden sagen: „Was mich nicht umbringt, macht mich härter!“ Aber da gehöre ich nicht unbedingt dazu. Selbstständig als Journalist, das sagt euch jeder, ist eher ein Job für Idealisten und nicht für Geldverdiener. Irgendwann kommt die Zeit, in der das Konto nur noch rote Zahlen schreibt und dann ist so ein Sommerjob natürlich ideal. Er erlaubt vier bis fünf Monate richtig zu sparen, weil Kost und Logis ist ja dabei und Zeit zum Ausgeben hat man ja sowieso keine. Apropos, Kost, nie hat die Butter so gut geschmeckt, wie die aus frischer, selbstgemolkener Alpenmilch.

Allerdings ist Sommerjob nicht gleich Sommerjob. Denn man kann sich bereits bei der Stellensuche das Leben schon im Voraus leichter machen. Online geht das übrigens ganz unkompliziert: z.B. www.almwirtschaft.com (Österreich) oder www.zalp.ch (Schweiz)

Meine Tipps:

  • Nicht unter Wert verkaufen d.h. keine Praktikumsstellen. Es sei denn, man möchte nur mal für ein paar Wochen reinschnuppern und hat finanziell sonst keine Probleme. PS: Schweizer Richtlöhne sind super.
  • Mindestens einen Tag frei die Woche. Irgendwann muss man mal raus, sonst Hüttenkoller.
  • Es sei denn, man hat bereits Erfahrung, gastronomielastige Stellen lieber vermeiden. Auch der größte Philanthrop wird es neben der harten, körperlichen Arbeit nicht schaffen, immer freundlich zu lächeln (gelinde ausgedrückt).
  • Stellen, bei denen der Senoirchef selbst sennt, gilt es allgemein zu vermeiden. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber meistens ist die Atmosphäre angenehmer in einem Team mit ähnlicher Lebenseinstellung.

Ich habe mich dieses Mal für eine Stelle in der Schweiz entschieden, erstens, weil ich noch nie in der Schweiz war, zweitens, weil die Löhne hier einfach besser sind und drittens, weil es im Verhältnis tatsächlich ein Schoggi-Job ist. Nun wohne ich auf einem Bergbauernhof auf 1500 Metern, aber immerhin in einem Haus, mit Dusche, Strom und Internet (die urigen Alphütten mir Feuerstelle und Schlaflager finde ich zwar immer noch ziemlich cool, aber für fünf Monate ist es mir mittlerweile zu hart).

Die Arbeit fängt jeden Tag um angenehme 8.00 Uhr früh an und Sonntag ist frei. Im ersten Monat melden meine Muskeln zwar öfters mal: „Flasche leer!“, und ich gehe mit Vergnügen um 22.00 Uhr ins Bett, aber irgendwann gewöhnt man sich daran und ist abends fit genug, mal wieder einen Blogeintrag zu schreiben.

Zur Arbeit: Ich assistiere meinem Chef, den es gar nicht stört, dass ich weder vom Zäunen, noch vom Jauchefahren Ahnung habe, der auch bei Kritik positive Ausdrücke verwendet, wie etwa „zu wenig schnell“ und der auch gerne mal neben einem „zu wenig schnellen“ Radfahrer anhält, die Scheibe herunterkurbelt und grinsend fragt: „Schlechter Motor, was?“ Ja, das hätte schlimmer kommen können.