Dass Kok-Boru ein richtiger Männer-Sport ist, merken wir schon als wir zur Tribüne des Bischkeker Hippodroms kommen. Als Frau fällt man hier auf wie ein bunter Hund. Wenn man sich weiter umsieht, fragt man sich, ob hier die Besucher oder die Sicherheitskräfte in der Überzahl sind.

Wir setzen uns also zwischen die Sonnenblumenkern-kauenden, schwatzenden Kirgisen. Die Stimmung ist wie im Fußball-Stadion. Das Spiel scheint auch recht ähnlich zu sein. Auch wenn ich die Regeln nicht kenne, erinnern mich die runden Kuhlen an beiden Enden des Spielfelds an Tore. Die Spieler in ihren Trikots sitzen allerdings auf Pferden und der Ball… Nun ja, der Ball wiegt etwa 30 Kilo und besteht aus einem Schaf ohne Kopf – frischgeschlachtet wohlgemerkt.

Die Kok-Boru-Spiele finden heute zu Ehren des kirgisischen Nationalfeiertags Nowruz statt. Das „Persische Neujahr“ wird am ersten Frühlingstag gefeiert, dem „Equinox“, an dem der Tag genauso lang ist wie die Nacht.

Jetzt ist Anpfiff. Schon prallen zwei Pferde aufeinander. Die beiden Reiter – einer aus jedem Team – versuchen, den Schafskadaver, der in einem Kreidekreis auf dem Boden liegt, aufzuheben. Dabei drängen sie ihre Pferde aneinander und schlagen sich gegenseitig mit ihren Peitschen. Einer schafft es den schweren Schafsleib in den Sattel zu hieven, sein Konkurrent will ihn noch festhalten. Der Reiter, der das Schaf mit dem Bein am Sattel festhält, drischt erst auf das Pferd des Gegners ein, dann auf sein Eigenes.  Er befreit sich und stürmt in gestrecktem Galopp davon – in Richtung Erdkuhle bzw. Tor. Nun wachen auch die anderen Mitspieler auf, bis jetzt hatte sie nur um den Kreis gestanden. Los geht die wilde Verfolgungsjagd bei der man nur noch eine Traube aus Hufen, Staub und Peitschen sieht.

Fast schafft es die rote Mannschaft, das Schaf in die gegnerische Kuhle zu werfen. Aber das Gewicht und das Manövrieren auf dem Pferd machen den „Torschuss“ zu einer verzwickten Angelegenheit. Die blaue Mannschaft schafft es, den „Schützen“ abzudrängen. Die Pferde stürmen zur Bande, einem läuft bereits Blut aus dem Maul vom vielen Hin-und-her-Gezerre an den Zügeln. Die Zuschauer springen auf um besser zu sehen, was unter ihnen vorgeht. Wieder wirbeln die Peitschen in der Luft. Ein blauer Reiter stürmt plötzlich aus der Menge, unter seinem Bein klemmt das kopflose Schaf. Die Zuschauer jubeln.