Auf der Rucksackreise Profibilder schießen, ohne sich am Equipment totzuschleppen – im Interview verrät Fotografin Jasmin Schmitt, wie das geht.

Idealerweise ist ein Blogger eine eierlegende Wollmilchsau, also mindestens Journalist, Webdesigner und Fotograf in einer Person. Damit der Blog Erfolg hat, sollte man in allen Disziplinen möglichst kompetent sein.

Wenn man sich ausgerechnet das Reisebloggen aussucht, wählt man alles andere als den einfachen Weg, denn im Gegensatz zu Modetipps, Restaurantkritiken oder Schminkanleitungen, steckt man mitten im Geschehen, meist fernab der Zivilisation. Ein Abenteuer selbst zu erleben und es gleichzeitig entsprechend zu dokumentieren, ist eine ziemliche Herausforderung. Egal, ob man in einer Felswand hängt, durch die mongolische Steppe reitet, oder Ski fährt in den Alpen, die Umstände fordern schon genug Aufmerksamkeit.

Beim Fotografieren muss es schnell gehen, denn gerade die Momente, auf die es ankommt, sind kurzlebig. „Professionelle Schnappschussfotografie“ könnte man die Technik nennen, die ein Reiseblogger beherrschen muss. Die Situationen sind zwar einzigartig, trotzdem tauchen einige Probleme immer wieder auf. Hier meine wichtigsten Fragen zur Outdoor-Fotografie, beantwortet von Jasmin Schmitt, professionelle Fotografin und Online Redakteurin für die Radeberger Bilderrahmen GmbH, die den Bilderrahmen-Online-Shop rahmenversand.com betreibt (Anmerkung: Obwohl das Interview als Kooperation zustande kam, ist keiner der folgenden Inhalte gesponsert.)

1. Frage – Gewicht vs. Qualität. 15 bis 20 Kilo schleppe ich in meinem Rucksack herum, oft wochenlang. Klamotten, Schlafsack, Verpflegung und Laptop eingerechnet. Eine große Fullscreen-Spiegelreflex, am besten noch mit zig verschiedenen Objektiven bricht mir im wahrsten Sinn des Wortes das Genick. Trotzdem will ich qualitativ hochwertige Fotos machen, die man vielleicht sogar an ein Hochglanzmagazin verkaufen kann. Meine Frage: Ist größer immer gleich besser? Gibt es einen Kompromiss bei der Wahl der Kamera- bzw. Linsentechnologie, bei der ich gleichzeitig Gewicht spare und die Bilder trotzdem so gut sind, dass die GEO sie abdrucken würde?

Antwort: Die erste Frage kann ich ganz klar verneinen. Der Trend geht eindeutig zu immer kleineren und leichteren Spiegelreflexkameras, die sich an das mobile Leben anpassen. Canon hat mit der EOS 100D eine besonders handliche DSLR Kamera entwickelt, die am Markt aktuell die kleinste ist.

Für einen doppelseitigen Druck in einer Zeitschrift sind mindestens 10 Megapixel notwendig. Der Vorteil bei einer höheren Pixelzahl besteht darin, Ausschnitte aus dem Bild vergrößern zu können. Besonders wer unter Zeitdruck fotografiert, kann davon profitieren, im Nachhinein den richtigen Bildausschnitt zu wählen. Eine hohe Pixelanzahl dient zwar häufig als Verkaufsargument, noch wichtiger ist aber, dass die Kamera einen guten Sensor besitzt.

Um das Gewicht von nur 400 Gramm zu erreichen, macht Canon allerdings auch Abstriche. Eine durchaus praktische WLAN Verbindung ist nicht möglich.

Schwere Fullscreen-Kameras mit großen Objektiven sind unpraktisch für die Rucksackreise.

2. Frage – Programmautomatik. Eben weil es oft schnell gehen muss, habe ich nicht immer Zeit an Blende, Verschlusszeit und ISO herumzuspielen. Deshalb steht der Schalter bei meiner Canon 600D oft auf Programmautomatik (P). Ist das ein No-Go? Wie machen das professionelle Fotografen?

Antwort: Das hängt davon ab, wo der Fotograf arbeitet. Ist er im Studio, wo die Lichtverhältnisse unverändert sind, wird er niemals den Automatik-Modus wählen. Aber ein professioneller Fotograf auf einem hektischen Basar wird ebenso wenig Zeit finden, die Blende stets manuell an Licht und Schatten anzupassen. Hier ist eine automatische Einstellung sinnvoll. Bei Motiven, die sich sehr schnell bewegen, kann ein optischer Sucher hilfreich sein, da ein elektronischer Sucher stets minimal zeitverzögert arbeitet.

Basar Taschkent

Auf hektischen Basaren mit schnell wechselnden Lichtverhältnissen kommt man um die Automatik-Einstellung nicht herum.

Ein guter Kompromiss ist die Halbautomatik: Bei der Zeitautomatik (Einstellungskürzel: A) treffe ich die Blendeneinstellung selbst und das Kamerasystem errechnet mir die passende Verschlusszeit. Dies ist eine gute Option, wenn du mit Schärfentiefe spielen möchtest, beispielsweise bei Landschafts- oder Portraitaufnahmen.

Umgekehrt funktioniert es bei gewollter Bewegungsunschärfe. In der Sportfotografie ergibt das tolle Effekte. Hier wählst du die gewünschte Verschlusszeit und die Blendenautomatik stellt die Blendenzahl passend ein. Je länger die Verschlusszeit beträgt, desto unschärfer wird das Bild.

Sportereignisse, spielende Kinder und Tiere können auch mit der Serienaufnahme-Funktion eingefangen werden. So kannst du anschließend den schönsten Moment auswählen.

Mit der Sport-Automatik bildet man bewegte Motive scharf ab. Tolle Effekte durch Bewegungsunschärfe entstehen aber nur durch längere Verschlusszeiten.

3. FrageSchwierige Lichtverhältnisse. Die Sonne scheint, kein Wölkchen am Himmel und die Schneekristalle funkeln. Ohne Sonnenbrille würde man blind. Ein herrlicher Tag zum Skifahren, nicht zum Fotografieren.  Zeit zum Herumprobieren ist nicht. Resultat: Alle Bilder sind überbelichtet. Und das ist nur ein Beispiel für schwierige Lichtverhältnisse. Gibt es Standardeinstellungen oder einfache Tricks, die ich mir Merken kann für…

… blendende Schneeverhältnisse an sonnigen Tagen?

Antwort: Das Problem im Automatikmodus ist die Irritation der Kamera durch die vielen Reflexionen. Klarer Himmel und Schnee bedeuten immer, die Blende nach oben zu korrigieren. Etwa um 0,5 bis 1,5 Blenden. Dadurch verkleinert sich die Blendenöffnung und es kommt weniger Licht auf den Sensor. So wird die Kamera-Automatik nicht mehr durch die hellen Reflexionen bestimmt, sondern von der tatsächlichen Farbe des Schnees.

Ein altes Fotografen-Sprichwort lautet: Wenn die Sonne lacht, nimm Blende acht. Ein weiteres heißt, zwischen elf und drei hat der Fotograf frei. In diesen beiden Sprichwörtern steckt viel Wahrheit. Zum einen führt die Mittagssonne durch den steilen Lichteinfall zu Bildern ohne Tiefe. Das helle Sonnenlicht wird von der Blendenzahl f/8 und einer Belichtungszeit von circa 0,125 Sekunden optimal eingefangen. Allerdings sind dies nur Richtwerte. Auch das Sonnenlicht variiert in seiner Helligkeit in den verschiedenen Weltregionen erheblich.

Wer gegen die Sonne fotografiert, sollte Gegenblitzen, damit das Bild nicht zu dunkel wird.

Tolles Motiv bei belendenden Schneeverhältnissen – im Automatik-Modus leider überbelichtet.

… Sonnenuntergänge oder -aufgänge?

Antwort: Sonnenuntergänge ziehen das Fotografieren in die Länge. Denn du solltest möglichst alle Einstellungen manuell vornehmen. Benutze ein Stativ oder einen festen Untergrund und den Live-View Modus der Kamera, um den Fokuspunkt scharf zu stellen. So kann der ISO Wert nach unten korrigiert werden, wodurch Bildrauschen verhindert wird. Auch der elektronische Bildstabilisator sollte ausgeschaltet werde, da er zu Unschärfe führt. Die Blendeneinstellung sollte höher als f/8 liegen, um Tiefenschärfe zu erreichen. Meist macht es Sinn, das Bild manuell über zu belichten, indem die Verschlusszeit verlängert wird. Nachdunkeln mit einer Bildbearbeitungssoftware ist sehr einfach.

Bei Sonnenaufgängen sollte man alle Einstellungen manuell vornehmen und unbedingt ein Stativ verwenden.

Sonnenaufgang im Automatik-Modus. Da hätte man mehr draus machen können. Mit Stativ wäre wohl auch der Horizont gerade.

… bewegte Motive im Dämmerlicht?

Antwort: Nachts ist ein Stativ eigentlich unverzichtbar, am besten mit einem Fernauslöser oder Zeitauslöser. Für Reisen gibt es auch spezielle Modelle, die sich sehr kompakt zusammenfalten lassen. Auch nachts gilt: ein geringer ISO Wert ist wichtig. Generell stammt der ISO-Wert stammt noch aus der Analog-Fotografie und meint die Filmempfindlichkeit bei der Filmentwicklung, ist aber nur bedingt dafür geeignet, um damit im Dunkeln zu fotografieren, da damit stets ein Qualitätsverlust einhergeht. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass bei Standardkameras hier ein ISO von höher als 400 kaum zu empfehlen ist. Bei Digitalkameras sind aber auch 400 schon grenzwertig. Wohingegen die Halbprofi-Spiegelreflexkameras (1000€ plus) auch mit höheren ISOs sehr gut umgehen können.

Genau wie bei Sonnenlicht sollte eine Blendeneinstellung um f/8 gewählt werden – aber nachts eben in Verbindung mit einem kleinen ISO-Wert unter 100. Wer oft Fotos in der Dämmerung macht, für den kann sich die Anschaffung eines Grauverlauffilters lohnen. Dieser ist im oberen Drittel abgetönt um mehr Zeichnung im Himmel zu erhalten.

Wildpferde im Dämmerlicht. Bei hohen ISO-Zahlen rauscht das Bild.

 

Mit Stativ und langer Belichtungszeit entstehen auch mitten in der Nacht gestochen scharfe Bilder.

… durch die Fensterscheibe z.B. im Bus oder Auto?

Fotografiert man durch eine Fensterscheibe, niemals den Blitz verwenden, sonst entsteht nur ein heller Fleck, das hast du bestimmt schon selbst gemerkt. Am besten geeignet ist ein Polarisationsfilter. Du solltest immer schräg durch eine Fensterscheibe fotografieren, denn der Polarisationsfilter verhindert Reflexionen ab einem Austrittswinkel von 30 Grad. So wird dem Betrachter des Fotos gar nicht auffallen, dass es durch eine Glasscheibe aufgenommen wurde. Ein weiteres Problem, das vielen Reisenden bekannt sein dürfte, sind schmutzige Fenster. Dreckige Scheiben werden mit Hilfe einer verstärkten Tiefenschärfe weniger sichtbar, da der Vordergrund leicht unscharf wird und das Bild den Hintergrund in den Fokus rückt. Hier gilt die einfache Regel: Je weiter die Blende geschlossen ist, desto höher ist die Tiefenschärfe.

Tolle Motive aus dem Auto heraus knipsen, am besten mit Polarisationsfilter.

4. Frage – Datenspeicherung. Das Unaussprechliche ist gerade erst passiert. Ich habe einen kompletten Satz Reiseaufnahmen einfach verloren. Grund dafür war vermutlich die Altersschwäche meiner Speicherkarten. Wie oft kann man SD-Karten nutzen? Gibt es Tricks, wie sie länger halten z.B. sollte ich sie zwischendurch öfters formatieren, auch wenn sie noch nicht voll sind. Oder ist weniger oft löschen besser?

Antwort: Speicherkarten sind sehr empfindlich und haben bei einer regelmäßigen Benutzung eine Haltbarkeit von etwa zwei Jahren. Oftmals wird die Qualität von Flash-Speicherkarten in Löschzyklen angegeben. Das bedeutet im Umkehrschluss, häufiges Löschen verkürzt die Lebensdauer der Speicherkarte, denn bei einem Löschvorgang kann es mit der Zeit zu einer Schädigung der Oxidschicht auf der Karte kommen. Das bewirkt das Abfließen der Ladung und somit einen Verlust der gespeicherten Daten.

Die sicherste Variante ist, seine Fotos unterwegs in einer Cloud online zu speichern. So sind sie diebstahl-und bruchsicher verstaut.

Am besten sofort die Bilder in die Cloud schicken, dann ärgert man sich nicht über kaputte Speicherkarten.

5. Frage – Bildbearbeitung. Auch die sollte schnell gehen, denn meistens habe ich nach einer Reise Tausende von Bildern. Allein die auszusortieren, dauert Tage. Deshalb wäre es gut, wenn auch die Bearbeitung zügig ginge mit einer preisgünstigen Software. Manchmal reicht mir eine automatische Farbkorrektur oder ein bisschen Retuschieren. Vor allem zügiges Komprimieren für Uploads oder Emails wäre hilfreich. Könntest du mir ein kostengünstiges Programm empfehlen?

Antwort: Auch auf die Gefahr hin, dass dieser Ratschlag schon zu oft benutzt wurde: Weniger ist mehr. Fotos sollten prinzipiell überlegt geknipst werden. Auch erspart es viel Arbeit, abends Fotos, die nichts geworden sind, direkt auf der Kamera zu löschen. Das spart auch eine Menge Speicherplatz. Du kannst probieren, dir selbst ein Limit zu setzen, etwa höchstens 20 Fotos in einer bestimmten Zeit zu schießen.

Für Windowsnutzer gibt es das kostenlose „Image Resizer Powertoy“. Ein schlichtes Programm, das keinerlei Installation benötigt und Bilder auf die gewünschte Größe komprimiert.

Ein Bildbearbeitungsprogramm, das besonders für eine große Menge an Bildern gute Funktionen bietet, ist Photoscape. Mit der Anwendung „Stapel“ lassen sich Kontrasteinstellungen und weitere Einstellungen für eine große Anzahl an Fotos gleichzeitig übernehmen.

Überlegtes Knipsen spart Speicherplatz und Zeit für die Bildbearbeitung.